Jazzig frei über den Brenner
Österreich–Italien: In Zeiten, in denen die Politik neue Grenzen aufzubauen scheint, wird die Bedeutung kultureller Verbindungen noch größer. Nicht aus diesem Anlass, aber wohl doch mit solcher Wirkung legt das Südtirol Jazzfestival Alto Adige 2016 seinen Länderschwerpunkt auf diese beiden Staaten, die beide mit Südtirol verbunden sind. Ab Freitag, 24. Juni, ist es wieder soweit – ab dann gibt es wieder 10 Tage lang landauf, landab, zu Berg und zu Tal, Jazzmusik aus aller Welt und aus Südtirol.
Bis zur Eröffnung sind es noch über drei Monate hin – doch die Vorbereitungen laufen schon seit Monaten intensivst und das Programm steht inzwischen so gut wie fest. „Wir haben uns wieder viel Mühe gegeben, dem Wesen unseres Festivals zu entsprechen und ein Programm zusammenzustellen, das viel Überraschendes und Neues bringt, aber auch Bekanntes neu kombiniert. Wir möchten wieder ein schönes Gesamterlebnis bieten: Tolle Musik verschiedener Jazz-Stilrichtungen, aufgeführt an besonderen Orten – eine neuartige Entdeckungsreise durch ganz Südtirol“, erklärt Klaus Widmann, Präsident und künstlerischer Leiter des Südtirol Jazzfestival Alto Adige.
Besondere Klänge an besonderen Orten
Zum 34. Mal wird das Jazzfestival auf die Bühne(n) gebracht – und bespielt wie in den vergangenen Jahren wiederum ganz Südtirol. Von der Eröffnung am Freitag, 24. Juni bis zum Abschluss am Sonntag, 3. Juli, zieht der bunte Jazz-Tross zu knapp 60 Schauplätzen in 20 Südtiroler Gemeinden – und bringt fast 80 Konzerte mit. Mehr als 100 Musiker wirken mit. Die meisten von ihnen stammen – gemäß dem Länderschwerpunkt – aus Österreich und Italien, aber es spielen auch Künstler aus der Schweiz, aus Deutschland, Slowenien und den USA. „Wir legen heuer zum 3. Mal einen Länderschwerpunkt – dies hat sich als Konzept gut bewährt, weil man damit die Jazz-Trends in verschiedenen Ländern besser vertiefen kann“, so Widmann. Und in diesem Jahr, das geprägt ist von Flüchtlingskrisen und neuen Grenzzäunen, „können wir mit unserem Festival und mit der Musik vielleicht dazu beitragen, neue Verbindungen und Brücken zu schlagen“.
Das Programm steckt voller Überraschungen
Allein das Eröffnungskonzert wartet nicht nur mit einer neuen, für das moderne Südtirol typischen Location auf, sondern es verkörpert eine völlig neuartige Form der italo-österreichischen Kooperation. In einem Konzertsaal aus Apfelgroßkisten der Obstgenossenschaft Fruchthof Überetsch treffen schwelgerische Serenatas Süditaliens auf den einzigartigen Charme des Wiener Lieds und natürlich auf modernen Jazz. "Kinzelbinders Melting Orchestra" ist der Titel dieser Veranstaltung und symbolisiert die Vermischung der Kulturen, der Musik, die aus dem Herzen des Wiener Akustikduos „Die Strottern“ und der Seele des neapolitanischen Trios ASSURD kommt. Das Eröffnungskonzert ist gleichzeitig Vorgeschmack auf ein Konzert im Gebirge: das bereits zur Tradition gewordene Bergkonzert auf der Comici Hütte, am Fuße des Langkofels in 2154 Meter Höhe.
Tagung „culture meets economy“
Schon das 10. Jubiläum feiert die Tagung „culture meets economy“, die von den Jazzfestival-Machern angestoßen wurde und alljährlich von der Europäischen Akademie EURAC gemeinsam mit der Freien Universität Bozen ausgerichtet wird. Nach den wissenschaftlichen Betrachtungen wird’s am Abend des Mittwoch, 29. Juni, spannend: Die Tagungsgäste und alle anderen Festivalbesucher sind zum musikalischen Blind Date in der Messe Bozen geladen, wo an die 20 am Festival anwesende Musiker sich in Kleinformationen zu Kurzkonzerten zusammenfinden, eine Werkstätte des jungen Jazz.
Jazz&Wine, Jazz&Beer
Jazz and Wine heißt es dieses Jahr in Brixen. Hier wird eine musikalische Wein-Wanderung organisiert, Eisacktaler Weißweine werden bei weiteren Konzerten in verschiedenen Gastlokalen im Zentrum und im alten Gefängnishof am Domplatz angeboten.
Aber auch Bierfreunde kommen auf ihre Kosten: Bei einer jazzigen Bierverkostung im Batzen Bräu, Bozen, mit dem italienischen Bierpapst Lorenzo „Kuaska“ Dabove.
Jazz on the mountains and...
Die musikalische Reise führt zu einzigartigen Plätzen in ganz Südtirol: Berge gehören zweifelsohne dazu, aber auch Städte und Dörfer mit ihren typischen Plätzen, außergewöhnliche Bauwerke, sowie – besonders im Sommer – die Seen.
Zudem gibt es Jazz-Musik auf Berggasthöfen und Almen – vom Vinschgau bis ins Gadertal: von der Felthunerhütte und den Rittner-Erdpyramiden bis in die Fanes, vom Messner Mountain Museum in Sulden, übers Vigiljoch bis heuer erstmals zum Würzjoch.
Eine Wassermusik der anderen Art findet am Karersee und am Völser Weiher mit den Projekten „Water Music“ statt: Musik und Gesang erklingt von Stegen und Booten.
Ein besonders stimmungsvolles Ereignis verspricht das Projekt „Jazztronomy“ im Planetarium in Gummer zu werden.
In Zusammenarbeit mit dem Filmclub Bozen gibt es auch heurer wieder die Live-Vertonung eines Stummfilms - Hitchcocks Film "The Lodger" wurde dafür ausgewählt.
Art meets Jazz – Projekt Museion
Art meets jazz gleich an drei Tagen. Während an beiden Samstagen eine Matinee in der Museion Passage stattfindet, steht am Donnerstag, 30. Juni, ein ganzer Jazz-Museion-Tag an. Beginn ist 11 Uhr mit einem Trio in der Museion Passage, um 18 heißt es „Bühne frei“ für den US-amerikanischen Trompeter Peter Evans, der vor allem für genreüberschreitende Improvisationsmusik bekannt ist. Nach der Führung durch die Ausstellung im Museion erwartet die Besucherinnen und Besucher ab 21 Uhr ein Doppelkonzert eines italienischen Trios, das von einem österreichischen Trio auf der Bühne abgelöst wird, bevor die Musiker zum Abschluss gemeinsam auftreten.
Euregio-Projekt
Grenzüberschreitend ist auch das Euregio-Projekt, das bereits zum 3. Mal inszeniert wird. In Lusern – einer alten deutschen Sprachinsel im Trentino – ist das Festival zu Gast. In Bozen am Waltherplatz gibt es dagegen ein Konzert mit Nord- und Südtiroler Beteiligung: ein Projekt mit dem erst 15-jährigen Schwazer Pianisten Jakob Zimmermann mit seinem Trio, der 2015 den BTV-Jazz-Nachwuchs-Preis der Stadt Innsbruck erhalten hat. Konzertmeister Andreas Marinello bringt Südtiroler Musiker gemeinsam mit Musikern aus dem Festival auf die Bühne.
Pre opening Events
Wer nicht bis zum Jazzfestival warten möchte, hat schon vorab die Möglichkeit für einige Kostproben. Eine davon gibt es bei den Bozner Filmtagen vom 13. bis 17. April 2016.
Bei den Tagen der Architektur vom 20. bis 22. Mai dagegen erklingt die neue Werkstatt von Lois Andivalfarei jazzig.